Inzwischen hat es fast jede/r mindestens einmal gelesen: Phrasen wie „Digitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche“, „Digitalisierung ist allgegenwärtig“ oder schlicht „Digitalisierung verändert alles“. Da liegt es doch nahe, von Digitalisierung als Querschnittsthema, auch in der Sozialen Arbeit, zu sprechen. Oder nicht?
Ich wäre auch nicht die erste, der diese Formulierung über die Lippen käme. In Blogs, Statements und Thesenpapieren ist man längst zu dem Schluss gekommen, dass es Tatsache ist, dass die Digitalisierung ein Querschnittsthema in der Sozialen Arbeit ist.
Daher schickte ich mich an, darüber eine Master-Thesis zu schreiben. Ich wollte prüfen, ob das Thema Digitalisierung als Querschnittsthema für die Lehre der Sozialen Arbeit geeignet ist. Jedoch fiel mir schnell auf: Es gibt keine Definition des Begriffs Querschnittsthema. Dabei bildet er doch die Grundlage für so viele wichtige Themen der Sozialen Arbeit, wie beispielsweise Gender und Gesundheit.
Wenn eine präzise Definition des Begriffes „Querschnittsthema“ in Bezug auf die Soziale Arbeit tatsächlich fehlt, laufen SozialarbeitswissenschaftlerInnen Gefahr, in dieselbe Falle zu tappen, wie ich es beinahe tat. Sie übernähmen gesellschaftlich relevante Themen, machten sie zum Gegenstand ihrer Untersuchung, ohne jedoch zuvor abgearbeitet zu haben, ob es die Soziale Arbeit tatsächlich transversal beeinflusst. Vermutlich bräuchte ich in diesem Zusammenhang den Konjunktiv 2 nicht als zwingend zu betrachten, fehlten mir an dieser Stelle nicht noch stichhaltige Beweise, um aufzuzeigen, dass der Begriff längst für alles Mögliche verwendet wird.
Wäre es da nicht an der Zeit, für die Profession Soziale Arbeit festzulegen, was sie (und aus welchem Grund) transversal betrifft? Ansonsten blieben allzu viele Themen, wie auch das mir so sehr am Herzen liegende Thema „Digitalisierung“, im Morast des Postfaktischen stecken.
Für die nächste Woche stattfindende Jahrestagung der DGSA, die den Titel „Wandel der Arbeitsgesellschaft - Soziale Arbeit in Zeiten von Globalisierung, Digitalisierung und Prekarisierung“ trägt, schreibe ich mir dieses Thema auf meine persönliche Agenda. Sobald die Rede von „Digitalisierung als Querschnittsthema“ ist, werde ich hinterfragen, was genau ein Querschnittsthema generell ausmacht. Denn insbesondere bei solchen Trend-Themen, wie derzeit die Digitalisierung in der Sozialen Arbeit, braucht es Tagungen, um im Austausch mit anderen die Liebe zum Detail wiederzuentdecken und die Dinge auch mal bis ins Kleinste zu zerdenken. Im sonst so schnellen, dynamischen Studien- oder Arbeitsalltag bleibt dies allzu oft auf der Strecke.
Michelle Mittmann
Social-Media-Beauftragte der DGSA