Die Jahrestagung der DGSA war auch in 2018
rekordverdächtig: Mit 650 Anmeldungen konnte die Zahl der TeilnehmerInnen aus
dem Vorjahr übertroffen werden. Ein kleines Outtake sei mir gestattet. Das Organisationsteam
kam zwischenzeitlich ordentlich ins Schwitzen, da diese große Menge an
Menschen, insbesondere während der Auftaktveranstaltung, kaum unterzubringen
war. Aufgrund des enormen Engagements aller Beteiligten gelang es
schlussendlich doch, einen passenden Saal in der Laeiszhalle anzumieten.
Gebührlicher und hanseatischer hätte die Begrüßung aus meiner Sicht kaum
ausfallen können.
Warum dieser Beitrag?
Eigentlich immer, wenn eine Konferenz, an der Mensch teilnehmen möchte, ansteht und der Call for Papers ins Haus flattert, stehen die großen Fragen an: Was hat der eigene Themenschwerpunkt mit diesem Call zu tun? Wie finde ich die passenden Verbindungen, wo gibt es Anknüpfungspunkte und wie formuliere ich das am besten aus?
Die Tagung „gender_wissen in den Forschungsfeldern der Sozialen Arbeit“ beschäftigte sich mit der Bedeutung von Genderwissen für Wissenschaft, Forschung und Gesellschaft.
Dabei befasste sie sich auch mit der teilweise fehlenden Bereitschaft der Öffentlichkeit, Genderwissen zur Kenntnis und ernst zu nehmen.
Angesichts aktueller Angriffe auf die Gender Studies, auf gendersensible, queere und feministische Forscher_innen und entsprechende Positionen von Hochschulangehörigen hält sie diese Thematisierung sowie deutliche Positionierungen von Wissenschaftler_innen und Hochschulen für die Akzeptanz von Genderwissen, Genderforschung und gendersensiblem Handeln für nötig.
Seit dem 1.2.2018 gelten neue Rechtsgrundlagen für Gewalt gegen Frauen. Häusliche Gewalt ist damit endgültig keine Privatsache mehr, sondern dem Staat kommt eine Schutzpflicht gegenüber gewaltbetroffenen Frauen zu. Für Fachkräfte in der Sozialen Arbeit bedeutet dies, staatliche Stellen auf bestehende Unterversorgung aufmerksam zu machen und den notwendigen Ausbau an Schutzräumen und Beratungsstellen voranzutreiben und fachlich auszugestalten.
Heute, am 18.12.2018, findet bundesweit der Wissenschaftstag Geschlechterforschung statt. Wissenschaftler_innen aller Disziplinen, die Gender Studies betreiben, beteiligen sich. Die Fachgruppe Gender der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA) schließt sich dieser Aktion an.
Seit 2000 existiert unser bundesweiter Zusammenschluss von Genderforscher_innen in der Sozialen Arbeit. Wir verstehen uns als offenes Forum für Fachkolleg_innen aus Hochschulen sowie Fortbildungs- und Praxisinstitutionen der Sozialen Arbeit, die an der Weiterentwicklung von Genderfragen in Lehre, Praxis und Forschung der Sozialen Arbeit interessiert sind.
Um was geht es?
China hat seit 2014 in zahlreichen Städten ein Sozialkreditsystem für alle Bürger_innen eingeführt. Ziel ist es, bis 2020 dies flächendeckend auf ganz China und damit die gesamte Bevölkerung ausgeweitet zu haben. Soziales Verhalten, das dem Gemeinwohl nutzt, wird belohnt. Sozial nicht-akzeptables Verhalten wird sanktioniert. So startet man mit einem Basiswert von 1000 Punkten und dann gibt es je nach Verhalten Bonus- oder Maluspunkte. Dies mündet in eine Kategorisierung analog unserer Einstufung des Energieverbrauchs von Haushaltsgeräten: A++ für die beste Einstufung, D für die schlechteste (weniger als 599 Punkte).
Die Anhänger_innen der AfD und Donald Trump haben vermutlich vieles gemeinsam. Sie könnten sich wohl mit gegenseitiger Zustimmung über Migration beziehungsweise über deren Verhinderung austauschen. Auch in Fragen des Nationalstolzes würden sie, sehr wohl erst einmal für das eigene Land, ins Schwärmen geraten, um dann wieder auf einen Nenner zu kommen, wenn es um die Frage geht, wer ihren Stolz gefährdet.
Vor einigen Tagen sprach ich mit einer Mitarbeiterin eines der ‚migrant resource centres’ in Sydney. Ich bin seit einigen Wochen im Rahmen meines Forschungssemesters hier und beschäftige mich mit Sozialer Arbeit, insbesondere im Umgang mit Geflohenen. Von dieser Mitarbeiterin ließ ich mich im Community Centre herumführen: mindestens 20 Mitarbeiter_innen, sehr viele Projekte mit spezieller Ausrichtung, bspw. im Bereich Arbeitsvermittlung, Jugendliche, häusliche Gewalt. Später erklärte sie mir das ‚australische Modell’ in der Sozialen Arbeit mit Geflohenen: Zunächst – das heißt in den ersten sechs Monaten nach Ankunft – so beschrieb sie, werden Geflohene durch die ‚Australia settlement services for refugees and migrants’ betreut. „The aim of settlement services is to assist new migrants to participate as soon and as fully as possible in Australia economy and society”[1]. Mitarbeiter_innen dieser Services bringen Ankommende kurzfristig unter, suchen für sie und gemeinsam mit ihnen eine Wohnung und Arbeit. Nach sechs Monaten übernehmen dann die ‚migrant resource centres’, ab hier werden Refugees, die dann auch bald als reguläre australische Staatsbürger anerkannt werden, mit Hilfe von ‚case work’ betreut. Häufig arbeiten diese Centre mit einem community developement Ansatz. Es geht darum, eng mit den Menschen zusammen zu arbeiten, sie dabei zu unterstützen Anschluss im Stadtviertel zu finden, Ansprechpartner_innen bei Fragen und Problemen zu haben und sich zunehmend allein im neuen Land zurecht zu finden. Diese Phase der Betreuung erstreckt sich über einen Zeitraum von 5 Jahren und kann darüber hinaus verlängert werden.
Das umstrittene
Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG), das bereits im letzten Jahr vom Gesetzgeber
beschlossen wurde, ist am 01.07.17 in Kraft getreten. Der Name ist
vielversprechend: ein Gesetz, das eine marginalisierte und stigmatisierte
soziale Gruppe unter rechtlichen Schutz stellt, klingt wie eine gute Sache. Ist
es aber nicht. Das jedenfalls sagen diejenigen, die geschützt werden sollen. So
ist beispielsweise eine Verfassungsklage von mehr als 20 Sexarbeiter_innen (und zwei Freiern) in Vorbereitung, die vom
Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen unterstützt wird. Aber
auch der Deutsche Juristinnenbund, die Deutsche Aidshilfe sowie zahlreiche
Gesundheitsämter und Fachberatungsstellen der Sozialen Arbeit äußern sich
kritisch.
Die Rhetorik darüber, dass Arbeitsweisen der Sozialen Arbeit verbrannt sind, ist letztlich ein Element der Deprofessionalisierung der Praxis Sozialer Arbeit. Sie verhindert, dass die Praxisprobleme – die in jedem Ansatz der Sozialen Arbeit zu finden sind – systematisch in den Blick genommen werden und ein kontinuierlicher Prozess der Methodenentwicklung betrieben wird. Die Fachgruppe Case Management in der Sozialen Arbeit (DGCC/ DGSA) hat sich zum Ziel gesetzt, dass Case Management klarer in sozialarbeitswissenschaftlichen Theorien und Theoriediskursen einzubetten. Darüber hinaus sehen wir uns als ein Ort, an dem die Praxis und Praxisprobleme des Verfahrens diskutiert werden können, mögliche fachliche Entwicklungen ihren Raum finden und auch Forschungen zum Thema einen Platz haben bzw. initiiert werden können.