In
den letzten Monaten gab es zahlreiche Proteste gegen die Unterbringung
geflüchteter Menschen, z.T. geprägt durch die offene Präsenz rechtsextremer Akteure
und gewaltsame Ausschreitungen. Insbesondere Einwohner:innen kleiner,
ländlicher Gemeinden und Kommunen gingen auf die Straße – in Bautzen/Sachsen
(Oktober 2022), in Zapfendorf/Bayern (Januar-März 2023), in Riedberg/Hessen
(März 2023), in Loitz/Mecklenburg-Vorpommern (Januar-Februar 2023) sowie in
Upahl/Mecklenburg-Vorpommern (Januar-März 2023).
Haben Sie Lust auf ein Gedankenspiel in Form einer Zeitreise? Am Ende schauen wir in die Zukunft, aber jetzt stellen Sie sich bitte erst einmal vor, Sie lebten im Jahr 1969 – ja, das Jahr, dessen Sommer Bryan Adams besingt, und ja, das Jahr nach dem sagenumwobenen 1968. Sie befinden sich in Westdeutschland und wollen „was Soziales“ studieren. Alternativ können Sie sich auch vorstellen, dass Sie Sozialpädagogik bzw. Sozialarbeit lehren und jungen Menschen diesen Beruf („diese Berufung!“) nahebringen wollten. Beide haben davon gehört, dass eine Art Universität gegründet werden soll. Sie soll Fachhochschule heißen und es soll dort ein Diplom-Studiengang Sozialarbeit/Sozialpädagogik eingerichtet werden. Sie überlegen noch, ob diese neue Einrichtung mehr „Hochschule“ oder doch mehr „Fachschule“ ist und wundern sich insgeheim über die kreative Wortschöpfung der „Fach-Hoch-Schule“. Dort soll jedenfalls, so haben Sie gehört, tatsächlich das studiert werden können, was, so sagen es Ihnen Angehörige und Freunde – teils unaufgefordert –, doch letztlich alle auch ohne Ausbildung und Studium tun: helfen eben. Erst kürzlich fragte Sie ein guter Freund: „Das soll man studieren müssen? Warum? Und was ist das überhaupt für ein merkwürdiges Fach?“ Ja, so ganz sicher sind Sie sich auch nicht, trotzdem bewerben Sie sich für das Wintersemester 1970/71 und tatsächlich: Sie kriegen die Stelle bzw. den Studienplatz.
Bisweilen vergessen wir, dass es die Frauenbewegungen der 1970er Jahre waren, die den Anstoß für Women Studies, für Frauen- und Geschlechterstudien gaben und ihre Themen in die Universitäten und Hochschulen trugen. 1984 wurden in Hessen erstmalig Sondermittel für Frauenlehre- und Frauenforschung an den Hochschulen verteilt. Damit verbunden war von Anbeginn der Kampf um Anerkennung und Etablierung feministischer Themen an Universitäten und Fachhochschulen.
Den 6. #4Genderstudies Wissenschaftstag am 18.12.22 möchte ich zum
Anlass nehmen, um einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Eine erste von mir als Lehrbeauftragte am FB Sozialpädagogik der FH Frankfurt in diesem Kontext durchgeführte Studie erhob den Stand der Frauenstudien- und -lehre an hessischen Fachhochschulen. Es wurden die kommentierten Studienführer aller sozialen Fachbereiche der Fachhochschulen und der Gesamthochschule Kassel im Zeitraum von 1986 bis 1988 ausgewertet und anschließend qualitative Interviews mit 14 Professorinnen über deren Zugänge, ihr Selbstverständnis und ihre Erfahrungen mit Frauenstudien- und -lehre geführt.
Aus diesen mehr als 30 Jahre alten Interviews hier einige unkommentierte Originaltöne zum Erinnern, inspirieren lassen und Weiterdenken. Die Lesenden mögen sich ein eigenes Bild machen. Auch zum Kommentieren möchte ich einladen!
Aufmerksame Leser*innen des Tagungsprogramms der Jahrestagung der DGSA dürften es bereits entdeckt haben: Im April 2022 startet die DGSA ein eigenes Audioformat, welches fortan unter dem Titel „DGSA.podcast“ auf den gängigen Streaming-Plattformen verfügbar sein wird. Die Hosts des Podcasts werden die DGSA-Mitglieder Milena Konrad und Adrian Roeske sein, welche von nun an regelmäßig Personen aus Wissenschaft und Forschung Sozialer Arbeit vor das Mikrofon holen werden. Gemeinsam mit Prof. Dr. Christian Spatscheck aus dem Vorstand der DGSA bildet das Trio darüber hinaus die Podcast-Redaktion.
Nachdenkliches zum Aktionstag #4genderstudies am 18.12.2021
Ohne Frauen gäbe es keine Professionalisierung der Sozialen Arbeit. Ohne Frauen gäbe es keine Forschung in der Sozialen Arbeit. Ohne Frauen gäbe es keine Soziale Arbeit, die an den konkreten Lebenslagen der Menschen ausgerichtet ist und darauf zielt, prekäre Lebensverhältnisse zu überwinden.
Dass vornehmlich Frauen die Professionalisierung Sozialer Arbeit initialisiert haben, gilt inzwischen wieder als Basiswissen Sozialer Arbeit. Aber wird die historisch enge Verbindung zwischen der Praxis Sozialer Arbeit (mit dem Ziel Lösung der Sozialen Frage) und Praxisforschung hinreichend thematisiert?
Nicht erst seit der Klimakrise wissen wir, dass die ökologischen Verhältnisse so geschädigt sind und werden, dass das Überleben des Planeten und damit der Menschheit auf dem Spiel stehen. Nicht allein die Temperatur des Planeten, sondern auch anderweitige existentielle Ressourcen wie Luft, Wasser, Böden, Pflanzen und Tiere sind aus dem Gleichgewicht. Dies schafft gesellschaftliche Beunruhigung und Angst, mobilisiert Protestbewegungen und ökologische Wissensentwicklung, und zwingt auch Politik zum Handeln. Auf zahlreichen Ebenen werden Maßnahmen ergriffen, um die ökologischen Schädigungen aufzuhalten und bestenfalls aufzuheben und die Umwelt vor weiteren Schädigungen erfolgreich zu schützen.
Gerahmt ist dies alles vor allem als umweltpolitische Agenda. Aber geht es hierbei nicht auch um zentrale care-politische Fragen?