Es wird uns wohl niemand widersprechen: Die Lebenslagen im
Alter sowie Herausforderungen und Potenziale des Alter(n)s gewinnen seit
einigen Jahren auch fachspezifisch für die Soziale Arbeit in verschiedenen
Handlungskontexten an Bedeutung. Was lag da näher als die Gründung einer
Fachgruppe zu eben diesem Gegenstand in der DGSA? Nichts! Also hat sich im
Rahmen der Jahrestagung der DGSA 2019 in Stuttgart die Fachgruppe „Soziale
Arbeit in Kontexten des Alter(n)s” gegründet. Der Titel vereint dabei zwei Perspektiven:
Zum einen die Beschäftigung mit einer spezifischen Zielgruppe der Angebote der
Sozialen Arbeit – nämlich ältere und alte Menschen – und zum anderen die
Auseinandersetzung mit einer spezifischen Perspektive auf den Gegenstand Alter(n)
– nämlich die der Profession und Disziplin Soziale Arbeit.
Die Überschrift bildende Frage ist so simpel gestellt und doch kompliziert zu beantworten. Denn mindestens drei verschiedene Ebenen können herangezogen werden, wenn man diese Frage beantworten will. Eine wissenschaftstheoretische Antwort, eine strukturell-institutionelle Antwort sowie eine (wissenschafts)-politische Antwort. Und schnell merkt man, dass es nicht zwangsweise reicht, wenn eine zufriedenstellende Antwort auf nur einer Ebene gegeben wird. Also sortieren wir ein wenig.
Wir sind auf dem
Weg ins Feld, zwei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des Fachbereichs Soziale
Arbeit einer Hochschule für angewandte Wissenschaften. Wir wollen
Kooperationspartnerinnen bei der Kreisverwaltung im ländlichen Raum
interviewen. Es geht um die Frage: Wie kann die Öffentlichkeitsarbeit im
Landkreis verbessert werden, um eine Sensibilisierung der Bevölkerung zum Thema
Gewalt in Paarbeziehungen älterer Frauen und Männer (60+) zu erreichen? Dort
angekommen, haben wir noch etwas Zeit bis das Interview beginnt und stehen im
Vorraum vor drei Regalen mit Flyern und Broschüren, von denen wir uns einige
mitnehmen. Erst als wir ein paar Schritte zurücktreten, fällt uns auf: Das
Regal links richtet sich an Frauen. Hier finden sich Informationen zu
Mutterschaft, Elternzeit, Kindern, frauenspezifischen Krankheiten und zu
Hilfeangeboten bei häuslicher und sexueller Gewalt. Das Regal rechts ist überschrieben
mit „Informationen für unsere älteren Mitbürger“. Darunter finden sich Flyer und
Broschüren zu Pflege, Wohnheimen, Freizeitangeboten und weiteren auf Rentner*innen
bezogene Themen und Angebote. Dem Thema Sicherheit und Gewalt ist eine ganze
Reihe gewidmet, aber beide Themen werden in diesem Material, das die Gruppe der
Älteren mit Schrift und Bild explizit anspricht, nur im Kontext von unbekannten
Täter*innen und Delikten wie z.B. Trickbetrug und Diebstahl thematisiert. Das
Regal in der Mitte enthält allgemeine Informationen zum Landkreis.
Für uns ist das Arrangement dieser Regale wie ein Symbol für das Spannungsfeld, in dem wir uns mit unserem Forschungsthema bewegen: Alter und Partnergewalt - und dazwischen eine Lücke.
Der nachfolgende Text entstand auf
Anregung meiner Kollegin Prof. Dr. Michaela Köttig und nach einem intensiven
gemeinsamen wechselseitigen Austausch.
Mitte September 2019 kam der Spielfilm „Systemsprenger“ der Regisseurin Nora Fingscheidt in die Kinos. Vor dem Kinostart wurde er bundesweit in Einzelvorführungen bereits Fachkräften, vor allem der Sozialen Arbeit und Pädagogik, gezeigt und mit Podiumsdiskussionen zum Thema flankiert. Die Reaktionen der Fachkräfte auf den Film waren enorm. Es wurde unter anderem benannt, dass der Film sehr emotional und aufwühlend sei. Dies einerseits, weil er einen Fall zeige, bei denen die Angebote und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nicht greifen. Und andererseits, weil er ein Kind zeigt, dessen Hilfebedürftigkeit und auch Not gesehen wird, welches aber eben das System „sprengt“. Hinzu kommen der fachliche Anspruch und das Bemühen, jedem jungen Menschen und auch dessen Familie helfen zu wollen. Ein Dilemma war zu sehen, welches Fachkräfte nachhaltig beschäftigte. Teilweise wurde auch Unverständnis darüber geäußert, warum an bestimmten Stellen im Film fachlich nicht anders gehandelt wurde. Es müsse und könne doch auch besser gehen. Von mancher Seite wurde eingeräumt, dass der Film auch Idealbedingungen der Hilfepraxis zeige. Dies beispielsweise in der durchgängigen Verfügbarkeit und Zugewandtheit der zuständigen Fachkraft des Jugendamtes sowie der problemlosen Finanzierung der Hilfe-Maßnahmen. Die Rahmen- und Strukturbedingungen in der Praxis seien weitaus schlechter. Vor allem aber die Szene, in der die Jugendamtsmitarbeiterin resigniert und weinend zusammensackt, wurde als stark emotional empfunden und bewegte auch gestandene Fachkräfte.[1]
Die Promotionsrundmail Nr. 200 ist verschickt worden. Nun haben diese runden Zahlen im Dezimalsystem nicht von sich aus eine Bedeutung, man muss ihnen eine zuerkennen: Im Hexadezimal-System lautet die dezimale 200 einfach: C8, im Oktalsystem: 310 und binär: 11001000 – das sieht alles wenig symbolisch aufgeladen aus. Bedeutung ist also etwas, das gegeben, verliehen werden muss. Die Bedeutung, welche die Promotionsrundmail für uns als einzelne Personen von der Redaktion und im Weiteren für die Mitglieder von Fachgruppe und Beirat hat, ist je nach biografischer Situation verschieden. Wir haben daher beschlossen, in diesem Blog der DGSA als Personen sichtbar zu werden, die hinter der Promotionsrundmail stehen.
Rückblick auf den
gemeinsamen Studientag „Rechtsextremismus“ der Frankfurt University of Applied
Sciences und der IUBH Internationale Hochschule
Rund 480 angemeldete Studierende, über 50 Referent*innen und die Erkenntnis: Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und seinen Strukturen sollte viel stärker in den Curricula der Studiengänge Soziale Arbeit verankert sein. So lässt sich der gemeinsame Studientag „Rechtsextremismus“ von Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS) und IUBH Internationale Hochschule bilanzieren.
Kurz vor der Europawahl 2019 landete der Youtuber „Rezo“ mit dem Video „Die Zerstörung der CDU“ einen viralen Hit. Das Video wurde mittlerweile fast 15 mio. mal angeklickt – eine fraglos enorme Reichweite. Es erfuhr sowohl öffentlichen Zu- als auch Widerspruch. Letzterer konzentrierte sich insbesondere auch darauf, die im Video kommunizierten Aspekte und Quellen seien zu einseitig und würden komplexen gesellschaftspolitischen Sachverhalten somit nicht gerecht werden. Dies mag zutreffen, inwieweit eine tiefergehende Betrachtung von Für und Wider bezüglich gesellschaftspolitischer Sachverhalte allerdings Aufgabe von Influencer*innen ist, sei an dieser Stelle dahingestellt. Auffällig ist die Art und Weise, wie mit der gewählten Präsentationsform Video Sachverhalte diskutiert werden. Theoretische Annahmen (die CDU betreibe Klientelpolitik, Klimawandel habe natürliche Ursachen, etc.) werden anhand empirischer Evidenz geprüft. Hierzu werden im Verlauf des 55-minütigen Videos 252 Quellen angegeben. Darunter finden sich neben Wikipediaeinträgen und Youtube-Videos etwa auch zahlreiche Artikel aus peer-reviewed top-tier Journals. Der Physiker Christian Thomsen, Präsident der TU Berlin, attestiert Rezo im Tagesspiegel dabei vornehmlich sauberes Zitieren. Ein solch starker Bezug auf (teils) wissenschaftliches Wissen ist im Kontext deutscher Influencer auf Youtube mutmaßlich ein neues Phänomen, welches einem aus der Popkultur entspringenden Youtube-Video einen durchaus wissenschaftlichen „touch“ verleiht. Ergeben sich daraus Implikationen für die disziplinäre Soziale Arbeit (in diesem Beitrag ist damit generell die deutschsprachige gemeint)? Ja, meine ich, und zwar in Bezug auf Potentiale, ihre Anliegen, Erkenntnisse, Empfehlungen, etc. mit Praxis und Gesellschaft (also insbesondere im sozialpolitischen Diskurs) zu kommunizieren (Wissenschaftskommunikation). Diskutieren wir im Folgenden Aspekte, die sich aus besagtem Phänomen ableiten lassen und die für die zukünftige Entwicklung der Wissenschaftskommunikation der disziplinären Sozialen Arbeit relevant sein könnten.
Seit 2008 wurden
mithilfe des Projekts „Gesichter der Sozialen Arbeit“ Plakate im DIN A2 Format
erarbeitet, die zu einer Dauerausstellung an der DHBW Stuttgart führten. Die
„Gesichter“, die Soziale Arbeit prägten, sollten sichtbar werden. Dazu tauchten wir in die Geschichte Sozialer Arbeit
ein. Mit jeder Person wird eine neue Facette Sozialer Arbeit sichtbar. Die Personen
und ihre „Gesichter“ wurden durch die Rezeption der Geschichtsschreibung entdeckt.
Wir fragten uns: Wer gehört zu den „Lichtgestalten“? Wer legt eigentlich fest,
wer dazu gehört? Was meint der Begriff Soziale Arbeit? Wie hat sich das, was
mit dem Sammelbegriff Soziale Arbeit ausgedrückt wird entwickelt? Welche
Anstöße kamen aus der konkreten Politik, aus der Wirtschaft und aus der
Zivilgesellschaft? Welche Funktion haben die sogenannten sozialen Bewegungen
wie Frauen-, Arbeiter-, Jugend-, Antikriegs-, und Ökologiebewegungen? Welche Probleme,
Zielgruppen und Lösungen hatten die Personen im Blick, die die Geschichte
Sozialer Arbeit prägten?
… das ist wohl einer der Sätze, die wir Organisator*innen zum Leitmotiv für die Vorkonferenz des wissenschaftlichen Nachwuchses der Sozialen Arbeit machen könnten. Warum? Das wollen wir in dem vorliegenden Beitrag erläutern.
Bereits zum zweiten Mal haben sich im Rahmen der Vorkonferenz zur
Jahrestagung der DGSA am 25. und 26. April 2019 Nachwuchswissenschaftler*innen
der Sozialen Arbeit in Stuttgart getroffen, in diesem Jahr mit knapp 120
Teilnehmenden sogar doppelt so viele wie beim ersten Mal. Schon die stürmischen
Begrüßungen verhießen zwei großartige Tage. Die am häufigsten gestellte Frage
war sicherlich: „Und was ist bei dir so passiert? Erzähl doch mal!“ Aus
wissenschaftlicher Sicht eine wunderbare Einstiegsfrage in eine längere Phase
der Narration, die sicher häufig funktionierte, in manchen Momenten dann aber
doch durch scheppernde Töne aus dem Mikrofon unterbrochen wurde, sodass
pausiert werden musste.
Inzwischen hat es fast jede/r mindestens einmal gelesen: Phrasen wie „Digitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche“, „Digitalisierung ist allgegenwärtig“ oder schlicht „Digitalisierung verändert alles“. Da liegt es doch nahe, von Digitalisierung als Querschnittsthema, auch in der Sozialen Arbeit, zu sprechen. Oder nicht?
Ich wäre auch nicht die erste, der diese Formulierung über die Lippen käme. In Blogs, Statements und Thesenpapieren ist man längst zu dem Schluss gekommen, dass es Tatsache ist, dass die Digitalisierung ein Querschnittsthema in der Sozialen Arbeit ist.
Daher schickte ich mich an, darüber eine Master-Thesis zu schreiben. Ich wollte prüfen, ob das Thema Digitalisierung als Querschnittsthema für die Lehre der Sozialen Arbeit geeignet ist. Jedoch fiel mir schnell auf: Es gibt keine Definition des Begriffs Querschnittsthema. Dabei bildet er doch die Grundlage für so viele wichtige Themen der Sozialen Arbeit, wie beispielsweise Gender und Gesundheit.